„Mode, das ist Leidenschaft, Emotionen, Stil …“, schwärmt Fernando Caniglia. Aufgewachsen ist der gebürtige Italiener in einer Großfamilie mit neun Geschwistern. Die Liebe zu feinen Stoffen entdeckt er als Teenager in den Kleiderschränken der älteren Brüder. „Sie waren so nett und ließen mich Ihre Hemden, Anzüge und Schuhe anprobieren. Nur vor einem Bruder musste ich mich immer verstecken, damit er mich bloß nicht mit seinen Sachen erwischt“, lacht Fernando Caniglia.
Mit dem Transporter nach Italien
Die Familie zieht es Ende der 1960er-Jahre aus dem süditalienischen Apulien ins Ruhrgebiet nach Essen. Dass Caniglia später einmal seine Passion zum Beruf macht, ist anfangs nicht vorgesehen. Die Eltern wünschen sich, dass er seine guten schulischen Leistungen mit einer Karriere als Finanzbuchhalter krönt. Er beginnt eine entsprechende Ausbildung, ohne jedoch mit vollem Herzen dabei zu sein.
Zu dieser Zeit reist Fernando Caniglia regelmäßig in die alte italienische Heimat, um sich mit der neuesten Mode einzudecken. Aber auch Familie, Freunde und Bekannte – sie schätzen seinen Stil und geben ihm Bestellungen auf. „Da kam mir irgendwann die Idee, die Waren professionell zu importieren und weiterzuverkaufen“, erinnert er sich. Gedacht, getan: Caniglia schwingt sich auf zum stilvollen Handlungsreisenden, der Boutiquen in Essen und Umgebung mit Herrenmode und -marken beliefert, die man(n) auf deutschen Kleiderstangen nur selten findet. „Ich bin hierfür mit einem Transporter nach Italien gefahren. Bis ich 1987 meinen ersten eigenen Laden in Essen eröffnete“, beschreibt er seine unternehmerischen Anfänge.
Fernando Caniglia verwirklicht Mode-Ideen
Weitere Eröffnungen folgen in den 1990er-Jahren, zeitweise führt Fernando Caniglia ein halbes Dutzend Geschäfte in NRW, von denen er sich aber wieder trennt. „Ich wollte nie richtig groß werden“, blickt der Modeexperte zurück. Vielmehr habe er darauf geachtet, den unverkennbaren Charakter eines inhabergeführten Unternehmens zu wahren: „Individualität war mir immer wichtig. Als Jugendlicher bin ich sofort nach Hause, wenn mir jemand begegnete, der das gleiche Hemd trug wie ich, um mir ein anderes anzuziehen.“
Dazu passt: Verkauft Fernando Caniglia anfangs die Kleidung berühmter italienischer Modeschöpfer, geht er später dazu über, unter der Marke „L’ Italiano Style“ eigene Herrenmode, darunter T-Shirts, Hemden, Anzüge und Schuhe, zu entwerfen und zu vertreiben. Unter diesem Namen zieht er auch ins Einkaufscenter am Limbecker Platz, das im Jahre 2008 teileröffnet wird. 2018 der Wechsel in die Lindengalerie im Deutschlandhaus: Dort kombiniert der Herrenausstatter sein Angebot mit einem kleinen Café, um Kunden ein Stück Dolce Vita zu servieren.
Von der Lindengalerie auf die „Limbecker“
Dieses „Einkaufserlebnis“ sei gut angenommen worden, erklärt Caniglia, der hauptsächlich von einer Stammkundschaft lebt, die auch weite Wege auf sich nehme. Doch Corona, „diese schreckliche Phase“, bringt alles zum Erliegen. Nach dem zweiten Lockdown habe er keine andere Möglichkeit gesehen, als seinen Mietvertrag zu kündigen.
Im Frühjahr 2022 unterzeichnet Fernando Caniglia einen neuen Vertrag und eröffnet sein Geschäft auf der Limbecker Straße 42, wo früher unter anderem die Modekette Hallhuber zu finden war. Er profitiert dabei von einer Mietförderung durch die Essen Marketing Gesellschaft (EMG), die inhabergeführte Geschäfte und innovative Ladenkonzepte auf die Einkaufsmeile locken soll.
Nicht nur modische Impulse sind gefragt
Auf rund 200 Quadratmetern kleiden sein vierköpfiges Team und er stilbewusste Männer ein – zumindest jene, die mutig genug sind, sich auf Fernando Caniglias „L’ Italiano Style“ einzulassen. Dieser zeichnet sich durch auffällige Farben, extravagante Muster und raffinierte Details aus. Und nicht zuletzt durch hochwertige Materialien. Gefertigt wird die Kleidung nach Entwürfen des Inhabers von ausgewählten Fabrikanten in Italien. „Cento per cento“, versichert der Designer, „zu einhundert Prozent“.
Das liebgewonnene Gastronomie-Angebot kann der Geschäftsführer aufgrund der räumlichen Gegebenheiten am neuen Standort nicht aufrechterhalten. Dennoch lässt es sich Caniglia nicht nehmen, treue Kunden auf einen Espresso einzuladen. Er ist „dankbar“ für die Chance, in seiner Heimat einen „Neuanfang“ wagen zu können Gleichzeitig erhofft er sich nach nun rund 18 Monaten am Ort weitere Unterstützung. Nicht unmittelbar fürs eigene Geschäft, sondern allgemein für die Essener Innenstadt: „Die City benötigt dringend weitere Impulse, um für die Menschen attraktiv zu sein.“ Dazu brauche es die Entschlossenheit der Stadt. Und Inhaber wie ihn, die bereit seien, die Limbecker Straße mit ihren Ideen zu beleben.