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Ohne Fahrer kein Vorankommen: Wie der Fachkräftemangel sukzessive Güter- und Personentransport bedroht

Der Fachkräftemangel ist ein drängendes Thema, das mittlerweile nahezu alle Branchen in Deutschland betrifft.

Besonders deutlich wird dies im Verkehrssektor, der auf eine Vielzahl qualifizierter Mitarbeiter angewiesen ist. Die Herausforderungen, die sich aus dem Mangel an Fachkräften ergeben, haben nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf Unternehmen, sondern auch auf die Wirtschaft insgesamt. Während die Wirtschaft um qualifizierte Arbeitskräfte kämpft, steht auch der Verkehrssektor vor einer besonderen Herausforderung: der akute Mangel an Fahrern im Güterverkehr und im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

Fachkräftemangel gefährdet den Güterverkehr

Aktuell leiden viele Länder Zentral-Europas, darunter auch Deutschland, unter einem eklatanten Mangel an qualifiziertem Personal im Fahrdienst des Straßen- wie auch des Schienengüterverkehrs. Laut Schätzungen sind in Deutschland kurzfristig und mittelfristig mehrere Tausend Berufskraftfahrer und Lokführer erforderlich, um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung und der Wirtschaft zu gewährleisten.

Die Ursachen sind vielschichtig. Neben einer zurückgehenden Bevölkerungszahl ist die demografische Entwicklung eine zentrale Problematik. Immer mehr erfahrene Fahrer gehen in den Ruhestand, während es gleichzeitig an Nachwuchs fehlt. Technologische Lösungen wie autonomes Fahren oder Platooning könnten theoretisch helfen, den Bedarf zu senken, stehen jedoch noch vor einer langen Entwicklungszeit. Selbst wenn diese Technologien marktreif wären, fehlt es an einer flächendeckenden digitalen Infrastruktur.

Akuter Mangel an LKW-Fahrern: Wachstumschancen der Logistikbranche gefährdet

Der eklatante Mangel an LKW-Fahrern stellt eine erhebliche Hürde für die Wachstumspotenziale der Logistikbranche dar. Dieser Engpass führt nicht nur zu steigenden Betriebskosten und immensem Zeitdruck in einem ohnehin volatilen Markt, sondern hat auch weitreichende negative Folgen für die Effizienz und Kapazität des Straßengüterverkehrs.

Eine hohe Nachfrage nach Laderaum steht einem begrenzten Angebot gegenüber, was die Situation zusätzlich verschärft. Der Fachkräftemangel in dieser Branche wirkt sich als Hemmschuh für zukünftiges Wirtschaftswachstum aus. Der Beruf des Berufskraftfahrers leidet leider unter einem schlechten Image: Viele Fahrer klagen über mangelnde Wertschätzung, einer in Teilen unzureichenden Bezahlung und einem geringen Ansehen in der Öffentlichkeit. Im Arbeitsumfeld spielen daneben Faktoren wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, hohe Ausbildungskosten und das Betriebsklima eine entscheidende Rolle für die zunehmende Zahl an unbesetzten Stellen.

In den Logistikketten werden die Herausforderungen durch eng getaktete Lieferanforderungen weiter verschärft. Infrastrukturprobleme, wie Baustellen und der eklatante Mangel an Parkplätzen, führen zusätzlich zu Staus, die die Situation noch verschärfen. Die Konsequenzen des LKW-Fahrermangels können noch gravierender werden: Stockende Lieferketten resultieren in leeren Regalen im Einzelhandel, stillstehenden Produktionsbändern und improvisierten Lösungen seitens der Dienstleister. Letztlich schwächt dieser Engpass die gesamte Wirtschaft und gefährdet die Versorgungsstruktur.

Personalmangel bremst Güter auf der Schiene aus

Neben den dargestellten Auswirkungen im Straßengüterverkehr bedroht der Fach- und Arbeitskräftemangel auch die politisch gewollte Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene zu torpedieren. Speditionen und die verladende Wirtschaft drängen zunehmend auf die Schiene, da die Straßen zunehmend überlastet sind und die Lkw-Fahrerkabinen, zumindest in Teilen, leer bleiben. Angesichts steigender Mautgebühren für Lkw ist der Anreiz zur Nutzung der Schiene offensichtlich. Dennoch stellt der akute Personalmangel, insbesondere bei Triebfahrzeugführern, für die Eisenbahnverkehrsunternehmen ein drängendes Problem dar. Dieses Phänomen betrifft mittlerweile alle Regionen Deutschlands und wirkt sich auf sämtliche Verkehrsunternehmen aus. In den vergangenen Jahren hat sich die Situation drastisch verschärft, sodass die Eisenbahnen kaum in der Lage sind, die steigende Nachfrage zu bedienen. Die Konsequenzen sind weitreichend: Der Rückstand im Schienengüterverkehr könnte die angestrebten Klimaziele und die notwendige Entlastung des Straßennetzes erheblich gefährden.

Fachkräftemangel im ÖPNV: Verkehrswende ohne Fahrer – (nahezu) unmöglich!

Während der Güterverkehr vor enormen Herausforderungen steht, sieht sich auch der ÖPNV mit einem akuten Fach- und Arbeitskräftemangel konfrontiert. Diese Situation könnte die angestrebte Verkehrswende erheblich torpedieren. Der öffentliche Verkehr spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel, da er für die Erreichung der Klimaziele unerlässlich ist. So wendet der Verkehr, zumindest kurzfristig, nicht!

In Planung und Betrieb, insbesondere beim Fahrpersonal, sind die Kapazitäten viel zu niedrig, um die ambitionierten Ziele der sog. Verkehrswende zu erreichen. Wichtige Planungs- und Genehmigungsprozesse stagnieren, weil es an ausreichend qualifiziertem Personal mangelt. Dies führt dazu, dass langfristige Verkehrsinfrastrukturprojekte von Anfang an ins Stocken geraten oder gar eingestellt werden müssen. Die betriebliche Zuverlässigkeit des ÖPNV ist in Teilen gefährdet: Fahr- und Servicepersonal sowie Instandhaltungs- und Dispositionskräfte fehlen an allen Ecken – auch in unserer MEO-Region. Die Arbeitsbedingungen sind oftmals unzureichend, und die Bezahlung spiegelt nicht die Anforderungen wider. Vor dem Hintergrund, dass bis 2030 fast 50 Prozent der Beschäftigten in den Ruhestand gehen oder den Beruf verlassen werden, ist es dringend erforderlich, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, um den ÖPNV in der Zukunft aufrechtzuerhalten.

Auch die Ruhrbahn, ein Mitgliedsunternehmen der IHK zu Essen, spürt die Auswirkungen des Fachkräftemangels. Der für Essen und Mülheim zuständige Verkehrsbetrieb sucht händeringend nach neuen Fahrerinnen und Fahrern. Der Bedarf an Fahrern wird auf 150 bis 180 neue Kolleginnen und Kollegen pro Jahr geschätzt – und diese Zahl steigt weiter. Um gegenzusteuern, setzt die Ruhrbahn verstärkt auf die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland, insbesondere aus Marokko.

Malte Gehring

Verfasst von:
Malte Gehring

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